Geschichte des Hauses 1954 – 1990
Das Haus der jungen Talente wurde am 7.3.1954, anlässlich der Feier des Gründungstages der FDJ, der Berliner Jugend zur Nutzung übergeben. Man hatte es in dem von 1701 bis 1704 erbauten Gebäude des ehemals „Podewilschen Palais“ in der Klosterstraße eingerichtet. Zwischen 1874 und 1945 hatte das Haus verschiedene Institutionen des Berliner Magistrats beherbergt.
Als es nach seiner Zerstörung durch Fliegerbomben Anfang der 50er Jahre wiederaufgebaut wurde, war es nach wie vor Eigentum der Stadt Berlin; in seiner neuen Zweckbestimmung wurde es aus Mitteln der FDJ und mit Zuschüssen des Berliner Magistrats unterhalten; den Direktor des Hauses der jungen Talente berief die Berliner FDJ-Bezirksleitung nach Abstimmung mit dem Zentralrat. Die Überlassung dieses historisch wertvollen Gebäudes an die FDJ war als symbolische Handlung konzipiert: Das ehemalige Adelspalais als „Zentrales Klubhaus der FDJ“ zu nutzen, war ein Akt der Aneignung, und dahinter verbarg sich die Absicht, den hier aufzubauenden und zu fördernden Kulturgruppen bewusst zu machen, dass sie Traditionen und Strukturen des Alten überwinden müssten, um im Sinne einer sozialistischen Kulturpolitik auf das Neue zu orientieren.
Funktionen und Wirkungen: War das Haus der jungen Talente in den 50er und 60er Jahren zunächst Musterstätte sozialistischen Kulturangebots und „frohen Jugendlebens“, so entwickelte es sich in den 70er Jahren – dank des Engagements seiner Mitarbeiter – sowohl zu einer künstlerisch interessanten Ausbildungs- und Produktionsstätte wie auch zu einem Ort, an dem jungen Leuten ein auf ihre Erwartungen zugeschnittenes Kunst-, Kultur-, und Diskussionsangebot gemacht wurde. Ab Mitte der 80er Jahre förderte es auch Formen alternativer und experimenteller Kunst und erwarb sich dadurch einen guten Ruf und eine feste Anhängerschaft.
Im Haus der jungen Talente standen für Veranstaltungen ein Saal (450 Plätze), ein Veranstaltungskeller (150 Plätze), der Hof (1.500 Plätze) sowie 12 Probe- und Veranstaltungsräume zur Verfügung. Dort fanden wöchentlich bis zu 20 Veranstaltungen statt (Rock, Jazz, Diskussionsrunden u.a.m.). Was sich unter dem einladenden Motto „Eintritt frei!“ an manchem Abend dort abspielte, entsprach keineswegs immer den kulturpolitischen Erwartungen von SED und FDJ.
Direktoren:
- Klaus-Peter Kosanke (1972-1982)
- Ulli Klein (1982-1983)
- Jürgen Kleeberg (1983)
- Frank Künzel (1983-1987)
- Lothar Gierke (1986-1991)
Etwa 800 Mitglieder arbeiteten im Haus der jungen Talente regelmäßig in 40 Gruppen, Zirkeln und Kursen. Begehrt bei Kindern und Jugendlichen war besonders die Teilnahme an Kursen, die eine traditionell gute Ausbildung an verschiedenen Musikinstrumenten vermittelten. Für die an bildenden und angewandten Künsten Interessierten bestanden Zirkel für Malen/Zeichnen, Druckgrafik, Fotografie, Plastik, Kunsthandwerk, Keramik oder Textilgestaltung. Wer sich theatralisch oder musikalisch aufführen wollte, fand dazu ebenfalls in mehreren Zirkeln Gelegenheit. Es gab die Theatergruppe „vis-á-vis“, ein Kleines Theater, das Kabarett „Die Reizzwecken“, den Singeklub „Pablo Neruda“, das Pantomimenstudio Berlin, „Kropis Artisten“, den Pionierchor Omnibus“, das Ensemble „Sadako“ und den Turniertanzkreis Berlin.
Des Weiteren gab es Zirkel für Sprecherziehung, Gesellschafts- und Schülertanz. Neben einem Atelier gab es regelmäßig im Foyer eine Galerie junge Künstler und im Keller regelmäßige Foto- und Grafikausstellungen. Seit 1986 gab es hier einen der ersten Computerklubs der DDR.
Die Mitarbeiter wurden 1990 „abgewickelt“ und in eine sechsmonatige Warteschleife geschickt, bevor sie in die Arbeitslosigkeit gingen.